Säure-Basen-Haushalt – Immer schön in Balance bleiben
Der pH-Wert des Körpers ist eine knifflige Angelegenheit. Er kann durch eine Vielzahl verschiedener Einflussfaktoren (z. B. die Ernährung oder Qualität der Atemluft) beeinflusst werden und gerät dann gerne mal aus dem Gleichgewicht. In solchen Fällen muss Dein Stoffwechsel die pH-Werte schleunigst regulieren. Er hat also alle Hände voll damit zu tun, die pH-Werte Deines Körpers auf dem richtigen Level zu halten. Und genau hier kommt der Säure-Basen-Haushalt ins Spiel.
Säure-Basen-Haushalt – was ist das?
Der Säure-Basen-Haushalt beschreibt ein körpereigenes Puffersystem zur Regulierung des pH-Werts. Wie ein strenger Türsteher prüft dieses System kontinuierlich den pH-Wert-Status Deines Körpers auf ungebetene Gäste. Bei Bedarf nimmt es dann ausgleichende Maßnahmen vor, lädt mehr Gäste ein, die sich an den "Dresscode" halten und setzt Unruhestifter vor die Tür.
Ist Dein pH-Wert beispielsweise zu niedrig und damit zu sauer, stellt der Säure-Basen-Haushalt vermehrt Basen bereit oder wirft Säuren raus, um die Schwankung auszugleichen. Tritt der umgekehrte Fall ein und Dein pH-Wert ist zu hoch bzw. zu basisch, müssen ein paar Basen die Party verlassen und es ist Happy Hour für Säuren angesagt.
Die Puffersysteme des Säure-Basen-Haushalts
Bei den Puffersystemen des Säure-Basen-Haushalts muss man zwischen offenen und geschlossenen Puffersystemen unterscheiden.
Offene Puffersysteme
Diese Systeme können überschüssige Säuren oder Basen direkt rauswerfen, wenn sie Probleme bereiten. Beispielsweise ermöglicht das Bicarbonatpuffersystem unserem Körper, ein Zuviel an Säuren als Kohlenstoffdioxid (CO2) direkt über die Lunge abzuatmen.
Alternativ kann der Organismus die Säuren mithilfe des Ammoniumpuffersystems auch durch Ausscheidung über die Nieren loswerden. Je nachdem, welches offene Puffersystem die naheliegendste Lösung für das Säuren-Problem darstellt, werden die Säuren dementsprechend in CO2 oder Ammonium umgewandelt.
Geschlossene Puffersysteme
Anders sieht die Sache bei geschlossenen Puffersystemen aus. Zwar können problematische Säuren und Basen auch hier unschädlich gemacht werden, indem der Körper sie an andere Stoffe bindet und somit unschädlich macht. Allerdings können sie den Körper auf diesem Wege nicht verlassen, sondern verbleiben im jeweiligen Puffersystem.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Proteinpuffersystem, in dem saure Wasserstoffionen (H+) entweder an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin oder das Blutplasmaprotein Albumin gebunden werden. Die ionisierten Säuren sind dann zwar keine Gefahr für den pH-Wert mehr, zirkulieren aber immer noch in der Blutbahn.
Normwerte für den pH-Wert des Körpers
Apropos Wasserstoff: Die auch als Hydronen, H+ oder Protonen bekannten, positiv geladenen Wasserstoffionen spielen für den pH-Wert des Körpers eine äußerst wichtige Rolle. Ziel aller Puffersysteme im Säure-Basen-Haushalt ist es nämlich, die Protonenkonzentration im Organismus so konstant wie möglich zu halten.
Das ist ganz schön kompliziert, wenn man bedenkt, dass der pH-Wert nicht überall im Körper gleich ist. Zum Vergleich:
- pH-Wert des Blutes: 7.35 bis 7.4 (basisch)
- pH-Wert des Dünndarms: 8,0 (basisch bis alkalisch)
- pH-Wert des Dickdarms: 5,5 bis 6,5 (sauer)
- pH-Wert der Leber und Gallenblase: 7,1 (basisch)
- pH-Wert der weiblichen Vaginalflora: 4,0 bis 5,0 (sauer)
Abweichungen von diesen Normwerten um die ± 0.05 sind jetzt aber noch kein Weltuntergang. Bei Abweichungen von ± 0.06 oder mehr solltest Du dagegen hellhörig werden. Denn dann drohen dem Säure-Basen-Haushalt massive Störungen, die sich auch auf die Stoffwechsel- und Organfunktion auswirken können.
Übersäuerung: zu hohe Protonenkonzentration
Von einer Übersäuerung (Azidose) des Körpers spricht man, wenn die H+-Konzentration zu hoch ist. Der pH-Wert fällt dann zu niedrig aus und liegt deutlich unter 7.35, mit weitreichenden Folgen für die Gesundheit.
Ursachen für Azidose
Neben einem Verzehr von zu vielen sauren Lebensmitteln sind von einer Azidose vor allem Menschen betroffen, die an Atemproblemen, Lungenerkrankungen oder chronischen Stoffwechselstörungen leiden.
Symptome einer Azidose
Die sauren Schlacken, die sich bei einer Azidose im Körper ansammeln, beeinträchtigen sowohl die Stoffwechsel- als auch die Organfunktion enorm. Die Liste möglicher Symptome ist lang und beinhaltet unter anderem:
- Antriebslosigkeit
- Appetitlosigkeit
- erhöhte Sensibilität
- Immunschwächen
- Haarausfall
- Hautprobleme
- Herzrhythmusstörungen
Einige Experten sind sogar überzeugt, dass Übersäuerung zur Entstehung freier Radikaler beiträgt, die zusätzlich oxidativen Stress für den Körper bedeuten. Im weiteren Verlauf steigt dann auch das Risiko rheumatischer Erkrankungen sowie Herz- und Gefäßerkrankungen.
Übersäuerung vorbeugen und beheben
Im Rahmen einer ursächlichen Vorerkrankung muss Azidose ärztlich behandelt werden. Eine Korrektur ist dann zum Beispiel durch die Gabe von Bicarbonat (Bullrichsalz oder Natron) möglich. Bei Erkrankungen wie Diabetes wird außerdem regelmäßig eine Blutwäsche durchgeführt, um das Blut von Säureschlacken und andere gesundheitsschädliche Ansammlungen von Stoffwechselabbauprodukten zu befreien. Es gibt auch einige "entsäuernde" Alltagsmaßnahmen wie z. B.
- Säure in der Sauna ausschwitzen
- Säureschlacken durch Massagen aus dem Körper lösen
- viel trinken, um saure Stoffe gezielt auszuschwemmen
- nicht rauchen (ja, auch Nikotin ist ein Säurebildner)
Mit Blick auf die Ernährung ist zur Prävention einer Übersäuerung vor allem eines wichtig: Säurebildner meiden und auf eine basische Ernährung setzen. Dabei ist zwischen guten und schlechten Säurebildnern zu unterscheiden. Gute Säurebildner sind solche, die zwar sauer sind, den Stoffwechsel aber nicht stark belasten. Außerdem sollten sie als wichtige Nährstoffquellen für Vitamine, Mineralstoffe und essenzielle Aminosäuren zumindest gelegentlich mit auf dem Ernährungsplan stehen.
Klassische Beispiele für gute Säurebildner sind:
- Nüsse
- Hülsenfrüchte
- Sojasprossen
- Vollkorngetreide
Als schlechte Säurebildner gelten hingegen Lebensmittel, die nicht nur stark säurehaltig sind, sondern den Stoffwechsel auch unnötig strapazieren. Darüber hinaus liefern die meisten Säurebildner dieser Kategorie auch keine nennenswerten Nährwerte für den Körper. Ganz gehörig meiden solltest du in diesem Zusammenhang:
- Alkohol
- Fertigprodukte
- fettige Wurst
- Räucherfleisch
- Softdrinks
- Süßigkeiten
- Teigwaren aus Weißmehl
- weißen (polierten) Reis
Untersäuerung: zu niedrige Protonenkonzentration
Jetzt sind Säurebildner wie angedeutet aber nicht ausnahmslos gesundheitsschädlich. Ein gewisses Maß an Säuren braucht Dein Körper sogar. Dabei liegt eine Untersäuerung (Alkalose) vor, wenn der Organismus nicht genügend saure Komponenten abbekommt. Die Protonenkonzentration im Blut ist dann zu niedrig, was den pH-Wert in die Höhe treibt.
Respiratorische Alkalose
Kennst Du das, wenn Du in Panik gerätst, hektisch zu atmen beginnst und plötzlich Schwindelgefühle bekommst? Hyperventilation mit gesteigerter Atemfrequenz ist eine der häufigsten Ursachen für vorübergehende Alkalose. Dabei wird in relativ kurzer Zeit sehr viel CO2 abgeatmet, was den Säurewert reduziert.
Als Auslöser einer Hyperventilation kommen einerseits psychische Ursachen wie Stress, Aufregung, Panik, Angststörungen oder auch ein anstrengendes Sporttraining in Frage. Hier ist die respiratorische Alkalose aber meist schnell wieder vorbei. Viel schlimmer sind krankheitsbedingte Alkalosen dieser Art. Sie gehen in der Regel auf Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose oder Lungenembolien zurück.
Vorsicht beim Bergsteigen: Höhenluft ist gemeinhin weniger sauerstoffreich, weshalb wir beim Aufenthalt in großer Höhe anfangen, schneller zu atmen. Das hat den gleichen Effekt wie Hyperventilation und kann darum ebenfalls eine Alkalose auslösen. Bergsteiger sollten daher sicherstellen, dass sie nicht zu lange die höchsten Gipfel stürmen.
Metabolische Alkalose
Bei den stoffwechselbedingten Alkalosen muss man zwischen zwei verschiedenen Formen unterscheiden.
- Additionsalkalose: Diese metabolische Alkalose entsteht, wenn der Körper zu viele Basen aufnimmt. Das passiert unter anderem, wenn Du große Mengen Natriumhydrogencarbonat, kurz Natron zu Dir nimmst. Das Natriumsalz der Kohlensäure ist extrem basisch und vor allem als Backpulver, Backnatron oder Backsoda bekannt.
- Substraktionsalkalose: Eine Substraktionsalkalose liegt vor, wenn sie durch einen Verlust von Säure entstanden ist. Denkbare Ursachen sind Erbrechen, Magenspülungen oder die Verwendung von Abführmitteln und Schleifendiuretika, bei denen vermehrt saure Salze und Elektrolyte aus dem Körper gespült werden.
Symptome einer Alkalose
Die Symptome einer Alkalose orientieren sich oft an der Art der Untersäuerung. Bei metabolischer Alkalose kommt es bedingt durch den Elektrolytverlust zu einem verringerten Kaliumspiegel im Blut. Der Kaliummangel (Hypokaliämie) äußert sich insbesondere in
- Herzrhythmusstörungen
- Muskelkrämpfen
- und Muskelschwäche.
Eine respiratorische Alkalose ist wiederum häufig durch einen Kalziummangel (Hypocalcämie) gekennzeichnet. Die entsteht, weil die Blutproteine im Rahmen des plötzlichen CO2-Verlustes vermehrt ihre Protonen abgeben.
Die freigewordenen Andockstellen der Proteine wirken recht verführerisch auf zweifach positiv geladenes Kalzium. Es wird vom Bluteiweiß bei respiratorischer Alkalose darum vermehrt aus dem Blutserum "gefischt" und fehlt somit an anderen Körperstellen. Klassische Symptome des Kalziummangels und des bei einer respiratorischen Alkalose vorangegangenen Hyperventilationsprozesses sind:
- Gefühl der Atemnot
- Herzklopfen
- kalte Schweißausbrüche
- Kopfweh
- Missempfindungen (z.B. Juckreiz oder Kribbeln)
- Pfötchenstellung der Hand
- Schwindelgefühle
- Stimmritzenkrämpfe
- Zittern
Untersäuerung behandeln
Eine respiratorische Alkalose ist meist nicht lebensbedrohlich und bedarf keiner ärztlichen Behandlung. Das beste Mittel gegen die ursächliche Hyperventilation kennst Du vielleicht als berühmtes Klischee: In die Tüte atmen.
Durch die Tüten-Atmung nimmt Dein Körper für kurze Zeit CO2-reiche Luft auf. Es kommt also zu einer Rückatmung des verlorenen Kohlenstoffdioxids, was die Säuren-Werte zurück ins Gleichgewicht bringt. Bei sehr schweren Panikattacken verabreicht man gelegentlich auch Beruhigungsmittel, die die Atmung wieder verlangsamen und auf ein gesundes Maß herunterfahren.
Wichtig ist eine ärztliche Behandlung hingegen bei metabolischer Alkalose. Sie kann auf Dauer zu einer Unterversorgung des Gewebes führen und schwere Organschäden hervorrufen. Zur Therapie sind deshalb Gaben von Natriumchlorid und ggf. Kalium oder Salzsäure oftmals notwendig. Die Substanzen gleichen das Säurendefizit wieder aus und bringen den Säure-Basen-Haushalt wieder in Balance.
Säure-Basen-Haushalt messen – wann und wie?
Messen lassen kannst Du Deinen Säure-Basen-Haushalt im Zuge einer Blutgasanalyse. Neben Parametern wie dem Partialdruck, also der Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidverteilung im Blut, wird hier auch der Blut-pH-Wert überprüft.
Empfehlenswert ist so eine Blutgasanalyse, wenn Du anhand Deines Gesundheitsstatus oder Deiner Ernährungs- und Alltagsgewohnheiten entweder eine Azidose oder Alkalose vermutest. Die obengenannten Ursachen und Symptome eines unausgeglichenen Säure-Basen-Haushaltes darfst Du dabei gerne als Orientierungshilfe nutzen.
7 Tipps für einen ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt
Fazit: Säure-Basen-Haushalt – eine ausgewogene Sache
Unser Säure-Basen-Haushalt besitzt eine Reihe ausgeklügelter Puffersystem zur Selbstregulierung des körpereigenen pH-Werts. Krankheiten, eine ungesunde Lebensweise und außergewöhnliche Alltagssituationen können diesen Haushalt aber dennoch aus dem Gleichgewicht bringen.
Es ist daher wichtig, zumindest in Sachen Ernährung und Lebensweise auf ausreichende Balance zu achten. Eine basische Ernährung kann dabei helfen, denn sie hält die oftmals über die Stränge schlagenden Gäste aus der Gruppe der Säuren in Schach und entlastet so den Stoffwechsel.
FAQ zum Säure-Basen-Haushalt
Sind noch Fragen offen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen kurz und knapp:
Säure-Basen-Haushalt was ist das?
Wie reguliert man seinen Säure-Basen-Haushalt?
Was sind Symptome einer Übersäuerung?
Typische Anzeichen einer Übersäuerung sind:
- Antriebslosigkeit
- mangelnder Appetit
- Reizempfindlichkeit
- erhöhte Krankheitsanfälligkeit
- Haar- und Hautprobleme
- Herzprobleme
Wie hoch darf der Säure-Basen-Haushalt sein?
Welcher pH-Wert ist gefährlich?
Quellen:
-
Gesundheits Guide
https://www.gesundheits-guide.at/gesundheitslexikon/ph-wert-tabelle/ -
Säure Basen Ratgeber
https://www.saeure-basen-ratgeber.de/blog/saure-lebensmittel/